Regionale ErinnerungsorteInteraktives Stadtmodell und Digitales Stadt-Wiki im Siegerlandmuseum
Das Projekt
ZEIT.RAUM soll Erinnerungsorte in und um Siegen erleb- und anfassbar machen und Bürgerinnen und Bürgern die Auseinandersetzung mit Geschichte und Ihrer Bedeutung ermöglichen. Entdecken Sie hier die Eckpfeiler des Projektes:
Prof. Dr. Bärbel Kuhn und Team, Lehrstuhl für Didaktik der Geschichte
Prof. Dr. Volkmar Pipek und Team, Professur für Computerunterstützte Gruppenarbeit und Soziale Medien
Prof. Dr. Monika Jarosch und Team, Lehrstuhl für Geodäsie und Geoinformation
Siegerlandmuseum (Prof. Dr. Ursula Blanchebarbe und Stadtarchivar Ludwig Burwitz)
Verein der Förderer und Freunde des Siegerlandmuseum e.V.
Fab Lab Siegen
Downloads
Die Download-Rubrik wird sich im Laufe des Jahres 2016 füllen. Geplant sind wissenschaftliche Veröffentlichungen, Broschüren und vor allem natürlich die Dokumentation und der Quellcode des Projektes, welche wir quelloffen (open source) veröffentlichen werden. Bis auf weiteres gibt es daher hier nur unsere
Projekt-Broschüre zum herunterladen.
Das Projekt greift eine zentrale Erkenntnis der Beschäftigung mit Geschichte auf: Die Vergangenheit ist nicht unmittelbar erfahrbar; sie kann nur aufgrund von Zeugnissen gedeutet und zu für uns heute sinnvollen Erzählungen verknüpft werden, die auf existentielle Fragen Antworten versprechen: Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir?
An einem 3D-Stadtmodell soll die Geschichte der Region für die Menschen im Siegerland sichtbar, ja „greifbar“ gemacht werden. Das Modell vermag so Erinnerungen anzuregen, für jeden und jede andere, sehr individuelle.
Erinnerungen prägen unser Leben und unsere Persönlichkeit – gleichermaßen formen sie auch gesellschaftliche Gruppen wie die Bewohner einer Stadt, einer Region oder auch ganzer Nationen. Denn nicht nur einzelne Menschen erinnern sich, sie bilden im Kollektiv auch eine gemeinsame Erinnerung aus. Eine kollektive Erinnerung bedarf bestimmter Ankerpunkte. Das können konkrete Orte, eine Persönlichkeit, eine mythische Gestalt, ein Brauch oder ein Symbol sein, wodurch die gemeinsame Erinnerung Gestalt annehmen kann. Für Siegen und das Siegerland sind es sicherlich für viele Henner und Frieder, die beiden Schlösser, die weithin sichtbare Nikolaikirche mit dem „Krönchen“, der Maler Rubens, der Hauberg oder der Bergbau.
Verschiedene gesellschaftliche Gruppen in der Region haben durchaus unterschiedliche Erinnerungsorte. Ältere Menschen können andere haben als junge, Protestanten andere als Katholiken, – um nur einige mögliche Erinnerungsgemeinschaften zu nennen. Gemeinsam ist den im Modell sichtbar gemachten Erinnerungsorten, dass viele Menschen etwas mit ihnen verbinden und sie für ihre Identität als relevant einstufen.
Mit dem Projekt sollen die regionalen Erinnerungsorte neu reflektiert, möglicherweise auch erweitert werden. Dieser Prozess soll mit den Bürgerinnen und Bürgern jeden Alters - ausgehend von dem Modell - gemeinsam gestaltet werden. Daher trägt das Projekt zu einer „Selbstentdeckung“ vielleicht auch Neuentdeckung der Region, mit der Region bei.
Interaktives Stadtmodell
Ein zentraler Bestandteil des Projektes Zeit.Raum ist ein interaktives Stadtmodell, das im Siegerlandmuseum ausgestellt werden soll. Ein anfassbares Modell des heutigen Siegens ist der Ausgangspunkt, um sich anhand konkreter Orte die für die Siegenerinnen und Siegener bedeutsamen Erinnerungen zu erschließen. Dazu werden digital verfügbare Sachinformationen, Quellen zu deren Entstehung und Wandel, aber auch zu deren Wahrnehmung sowie zu Kontroversen auf dem Modell selbst visualisiert.
Prof. Jarosch von der Universität Siegen hat das innerstädtische Gebiet der Stadt Siegen bereits in 3D modelliert und online visualisiert. Auf Grundlage dieses Datenmaterials wird das Fab Lab Siegen gemeinsam mit dem Lehrstuhl von Prof. Pipek das Stadtmodell direkt vor Ort, nur wenige hundert Meter vom Siegerlandmuseum entfernt, herstellen. Hierfür werden Fertigungsverfahren wie der 3D-Druck eingesetzt werden. Gegen Ende des Jahres 2016 wird das Modell dann seinen Platz im Siegerlandmuseum einnehmen. Bis dahin sind dort auch die aktuellen Umbauarbeiten abgeschlossen, mit denen die stadtgeschichtliche Abteilung erweitert wird.
Das Modell ist eng mit dem ebenfalls im Projekt entwickelten, gemeinschaftlichen Stadt-Wiki verknüpft und soll eine interaktiv erfahrbare Auseinandersetzung mit der Siegener Stadtgeschichte ermöglichen, Siegens Erinnerungen begreif- und anfassbarer machen und alle Bürgerinnen und Bürgern einen neuen Blickwinkel auf ihre Stadt ermöglichen.
Gemeinschaftliches, digitales Stadt-Wiki
Neben dem interaktiven Stadtmodell soll im Rahmen des Projektes vor allem eine gemeinschaftliche digitale Plattform zur Siegener Stadtgeschichte von und für Bürgerinnen und Bürger entwickelt werden.
Ziel ist es, ein System, angelehnt an bekannte Wikis wie Wikipedia, zur Verfügung zu stellen und anzupassen, auf der alle interessierten Bürgerinnen und Bürger gemeinsam die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Stadt Siegen aufarbeiten können. Dabei soll stets der schnelle Zugang und die einfache Handhabung für alle Beteiligten gewährleistet werden. Von Schülern bis hin zu lokalen Hobby-Historikern können so Wissen, Erfahrungen und Erinnerungen aus vielen, sich ergänzenden Quellen gemeinschaftlich gepflegt werden. Zusätzlich wird das System von Experten mitgestaltet und insbesondere in Zusammenarbeit mit Schulen weiterentwickelt. Maßgeblich verantwortlich für die didaktische Aufbereitung und Validität des Online-Systems sowie exemplarische Inhalte ist das Lehrstuhlteamvon Frau Prof. Kuhn von der Universität Siegen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Universität und Siegerlandmuseum sind weiterhin verantwortlich für die Sicherung der persönlichen Rechte aller Teilnehmenden.
Durch die interaktive Entwicklung der Plattform und damit einhergehende Diskussionen soll das reflektierte Geschichtsbewusstsein aller gefördert werden, so dass die Siegener Bürgerinnen und Bürger die bisherigen geschichtlichen Deutungen kritisch hinterfragen und neue Deutungsvarianten konstruktiv mitgestalten können.
Das interaktive Stadtmodell und das Stadt-Wiki als zentrale Komponenten von ZEIT.RAUM Siegen sollen verknüpft werden, so dass z.B. für das Modell benötigte Informationen, wie der historische Verlauf von Stadtgrenzen, im Stadt-Wiki hinterlegt werden können.
Community
Einen zentralen Bestandteil des Projektes stellt die Community, also die Gemeinschaft, dar, denn ZEIT.RAUM soll in enger Zusammenarbeit mit den Siegener Bürgerinnen und Bürgern entstehen. Wichtig ist, dass es nicht darum geht, „von oben“ fertige Ergebnisse und Erkenntnisse über die Geschichte vorzugeben, sondern vielmehr darum, Geschichte und ihre (durchaus auch subjektive und zuweilen kritische) Bedeutung gemeinsam besser zu verstehen.
Das Zusammenwirken vieler ist besonders für das digitale, gemeinschaftliche Stadt-Wiki wichtig, das von jedem interessierten Menschen genutzt, befüllt, gepflegt, diskutiert und weiterentwickelt werden soll. Die Zusammensetzung des Projektes ermöglicht es, verschiedene Zielgruppen anzusprechen und sie miteinander Verbindung zu bringen – so wird ZEIT.RAUM z.B. direkt in die Lehramtsausbildung an der Universität aufgenommen werden.
Wir möchten ein offenes Forum bieten, um über Geschichte, Gegenwart und Zukunft zu diskutieren. Unser Wunsch ist es, alle Interessierten dabei zu unterstützen, die Entwicklung der Stadt Siegen (und vielleicht auch sich selbst und andere) besser kennenzulernen, die Gegenwart perspektivenreicher beurteilen und die Zukunft informativer gestalten zu können.
Verteilte Fabrikation
Fabrication Laboratories (“Fabrikationslabore”) sind offene, gemeinschaftliche Werkstätten in denen jeder Mensch Zugriff auf Produktionsmaschinen vom 3D-Drucker über CNC-Fräsen bis hin zur Strickmaschine bekommen kann. Gemeinschaftliches Lernen und Teilen werden groß geschrieben – ganz wie auch in ZEIT.RAUM. Im Projekt übernimmt das Fab Lab Siegen die Entwicklung und Produktion des interaktiven Stadtmodells – und zwar direkt in der Oberstadt am neuen Campus und sehr gerne auch in Zusammenarbeit mit allen, die sich für 3D-Druck, CNC-Fräsen und ähnliches interessieren!
Zum Hintergrund von Fab Labs: Die Landschaft der Produktgestaltung und -fabrikation ändert sich. Früher unerschwingliche Produktionsmaschinen werden günstiger, häufig (quell-)offen verfügbar und zunehmend nutzerfreundlich. Zusätzlich ermöglich das Internet globales Teilen und Zusammenarbeit. Weltweit entstehen immer mehr Fab Labs als Orte des Experimentierens in genau diesem Spannungsfeld: Produzieren wir in Zukunft Güter (wieder) lokal? Gestalten wir diese Güter kollaborativ? Inwieweit kann, soll und möchte überhaupt jeder Mensch etwas über Fabrikation wissen? Wie wirkt sich so etwas auf Nachhaltigkeit, Bildung und Wirtschaft aus? Wir wissen es noch nicht - aber wir arbeiten dran!
Nachhaltigkeit
Ebenso wie der Gemeinschaftsgedanke stellt auch Nachhaltigkeit eine zentrale Säule des Projektes dar. Unter „Nachhaltigkeit“ verstehen wir hier jedoch nicht nur lokale Produktion und ähnliches, sondern vor allem auf den Menschen bezogene Aspekte:
Wir möchten gerade (computer-)technische Systeme so gestalten, dass sie möglichst für alle Interessierten gut zugänglich, gut bedienbar und verständlich sind. Im Fokus unseres Projektes stehen die Menschen und die Geschichte, die Technik kann und soll immer nur unterstützen. Ebenso wichtig ist uns, dass alle Spaß an der Beteiligung haben und ihre Teilnahme nicht nur einen Nutzen für das Projekt hat, sondern jeder auch etwas für sich selbst mitnehmen kann.